Pflegereform 2015 - Pflegestärkungsgesetz
Leistungsausweitung für Pflegebedürftige
Mit der Pflegereform 2015 - dem Pflegestaerkungsgesetz (gültig ab dem 01.01.2015) hat der Gesetzgeber die Leistungen für Pflegebedürftige ausgeweitet. In der nachstehenden Tabelle erhalten Sie einen schnellen Überblick zu den wesentlichen Änderungen.
Pflegegeld (§ 37 SGB XI)
Auch das Pflegegeld wurde dynamisiert und beträgt ab dem 01.01.2015 in
Stufe 0 = 123 EUR
Stufe I = 244 EUR
Stufe II = 458 EUR
Stufe III = 728 EUR
Für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz erhöhen sich die Leistungsbeträge in Stufe I um zusätzliche 72 EUR auf 316 EUR und in Stufe II um 87 EUR auf 545 EUR.
Der Kostenersatz für die Beratungseinsätze wird bei Stufe I und II von 21 EUR auf 22 EUR angehoben. In Stufe III erfolgt eine Anhebung von 31 EUR auf 32 EUR.
Sachleistungen (§ 36 SGB XI)
Die Sachleistungen wurden dynamisiert und betragen ab dem 01.01.2015 in
Stufe 0 = 231 EUR
Stufe I = 468 EUR
Stufe II = 1.144 EUR
Stufe III = 1.612 EUR
Stufe III + Härtefall = 1.995 EUR
Für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz erhöhen sich die Leistungsbeträge in Stufe I um zusätzliche 221 EUR auf 689 EUR und in Stufe II um 154 EUR auf 1.298 EUR. Ab 2015 gibt es zwischen der Sachleistung nach § 36 SGB XI und der Tagespflege nach § 41 SGB XI keinen Unterschied mehr bezüglich der Leistungshöhe, da auch die Beträge der Tagespflege um die entsprechenden Zuschläge erhöht werden.
Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen (§ 45b SGB XI)
Die Leistungsbeträge der zusätzlichen Betreuungsleistungen wurden angehoben und betragen ab dem 01.01.2015 monatlich 104 EUR bzw. 208 EUR (bisher 100 EUR bzw. 200 EUR). Im § 45b SGB XI wird darüber hinaus eine eindeutige Regelung geschaffen, wonach eine Erstattung von Aufwendungen im Sinne des § 45b Abs. 1 Satz SGB XI auch erfolgt, wenn für die Finanzierung der Betreuungs- und Entlastungsleistungen Mittel der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI eingesetzt werden.
Neu ist darüber hinaus, dass Pflegebedürftige, die nicht die Voraussetzungen des § 45a erfüllen (also keine Einschränkung in der Alltagskompetenz haben), ebenfalls zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Anspruch nehmen können. Die Kosten hierfür werden bis zu einem Betrag in Höhe von 104 EUR monatlich ersetzt.
Die außerdem wurde eine neue Kombinationsleistung eingeführt. Seit 2015 können 40 % der nach § 36 SGB XI bzw. § 123 SGB XI zustehenden Sachleistungsbeträge auch als niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote in Anspruch genommen werden - und zwar zusätzlich zu den ohnehin bestehenden Ansprüche von 104 EUR bzw. 208 EUR. Die Vergütung für ambulante Pflegesachleistungen sind dabei vorrangig abzurechnen. Im Rahmen der Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI gilt die Erstattung der Aufwendungen als Inanspruchnahme der Sachleistung. Insofern werden Sachleistungen nach § 36 und die weitergehenden niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote nach dem neuen § 45b Abs. 3 SGB XI bei der Kombinationsleistung gemeinsam dem Pflegegeld gegenübergestellt. Zu beachten ist, dass die niedrigschwelligen Betreuungs- und Entlastungsleistungen vorrangig aus dem Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen (104 / 208 EUR) finanziert werden.
Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen (§ 45c SGB XI)
Zum 01.01.2015 wurde der der Begriff der "Niedrigschwelligen Entlastungsangebote" neu ins SGB XI eingeführt. Dies sind Angebote für Pflegebedürftige im Sinne von § 45a mit erheblichem Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung sowie für Pflegebedürftige, die nicht die Voraussetzungen des § 45a, aber mindestens Pflegestufe I erfüllen. Diese Angebote dienen der Deckung des Bedarfs an Unterstützung im Haushalt, insbesondere bei der hauswirtschaftlichen Versorgung, bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder bei der eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen. Sie tragen dazu bei, Angehörige oder andere Nahestehende in ihrer Eigenschaft als Pflegende zu entlasten.
Die Leistungen beinhalten die Erbringung von Dienstleistungen, eine die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten stärkende oder stabilisierende Alltagsbegleitung, organisatorische Hilfestellungen, Unterstützungsleistungen für Angehörige und andere Nahestehende in ihrer Eigenschaft als Pflegende zur Bewältigung des Pflegealltags oder andere geeignete Maßnahmen.
Als grundsätzlich förderungsfähige niedrigschwellige Entlastungsangebote kommen insbesondere Agenturen für haushaltsnahe Dienst- und Serviceleistungen, Alltagsbegleiter sowie Pflegebegleite in Betracht.
Die Finanzierung dieser Leistungen erfolgt im Rahmen der Ansprüche nach § 45b SGB XI.
Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson (§ 39 SGB XI)
Der jährliche Leistungsumfang für die Verhinderungspflege (auch: Ersatzpflege oder Urlaubspflege genannt) wird von zuletzt 1.550 EUR auf nun 1.612 EUR angehoben. Daneben wird der Zeitumfang von bislang 28 Kalendertagen auf künftig 42 Kalendertage erweitert. Kosten sind nachzuweisen.
Völlig neu ist, dass der Leistungsbetrag der Verhinderungspflege unter Anrechung auf den für die Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) zustehenden Leistungsbetrag um bis zu 806 EUR (50 % der Kurzzeitpflege) auf insgesamt 2.418 EUR erhöht werden kann. Diese Möglichkeit besteht, soweit für diesen Betrag noch keine Kurzzeitpflege in Anspruch genommen wurde und die Verhinderungspflege nicht durch Personen erbracht wird, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind bzw. mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben.
Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege können also nun miteinander kombiniert werden, da eine ähnliche Wahlmöglichkeit auch bei der Kurzzeitpflege eingeräumt wird.
Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI)
Der Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege wurde von bislang 1.550 EUR auf nun 1.612 EUR erhöht.
Die Kurzzeitpflege kann unter Anrechnung auf den für Verhinderungspflege zustehenden Leistungsbetrag um bis zu 1.612 EUR auf dann 3.224 verdoppelt werden, soweit Verhinderungspflege noch nicht in Anspruch genommen wurde. Die zeitliche Beschränkung erweitert sich in diesem Falle ebenfalls um das Doppelte auf 8 Wochen pro Kalenderjahr. Diese Regelung wurde von den Pflegekassen bislang bereits so gehandhabt und wurde nun gesetzlich fixiert.
Anspruch auf Kurzzeitpflege besteht in begründeten Einzelfällen auch in geeigneten Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen und anderen geeigneten Einrichtungen, wenn die Pflege in einer von den Pflegekassen zur Kurzzeitpflege zugelassenen Pflegeeinrichtung nicht möglich ist oder nicht zumutbar erscheint. Diese Regelung galt bislang nur für Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Diese zeitliche Beschränkung fällt nun weg.
Tages- und Nachtpflege (§ 41 SGB XI)
Die Leistungsbeträge wurden dynamisiert und betragen ab dem 01.01.2015 in
Stufe 0 (neu) = 231 EUR
Stufe I = 468 EUR
Stufe II = 1.144 EUR
Stufe III = 1.612 EUR
Für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz erhöhen sich die Leistungsbeträge in Stufe I um zusätzliche 221 EUR auf 689 EUR und in Stufe II um 154 EUR auf 1.298 EUR. Damit gibt es ab 2015 zwischen der Sachleistung nach § 36 SGB XI und der Tagespflege nach § 41 SGB XI keinen Unterschied mehr bezüglich der Leistungshöhe.
Eine wesentliche Änderung hat sich hinsichtlich der Anrechnung der Tagespflege auf andere Leistungen ergeben. Ab 2015 kann die Tagespflege ohne Anrechnung auf die Sachleistung bzw. das Pflegegeld bezogen werden.
Vollstationäre Pflege (§ 43 SGB XI)
Auch hier erfolgte eine Anhebung der Leistungssätze. Diese betragen ab dem 01.01.2015 in
Stufe I = 1.064 EUR
Stufe II = 1.330 EUR
Stufe III = 1.612 EUR
Stufe III + Härtefall = 1.995 EUR
Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen (§ 38a SGB XI)
Der nachfolgende völlig neue Wortlaut des § 38a SGB XI wurde im Gesetzgebungsverfahren durch den den Ausschuss für Gesundheit eingebracht:
(1) Pflegebedürftige haben künftig Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 205 Euro monatlich, wenn
- sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a bei ihnen festgestellt wurde,
- sie Leistungen nach §§ 36, 37, 38, 45b oder § 123 beziehen,
- eine Person von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung zu leisten, und
- keine Versorgungsform vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem imjeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfeldes sichergestellt werden kann.
(2) Die Pflegekassen sind berechtigt, zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen bei dem Antragsteller folgende Daten zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen und folgende Unterlagen anzufordern:
- eine formlose Bestätigung des Antragstellers, dass die Voraussetzungen von Absatz 1 Nummer 1 erfüllt sind,
- die Adresse und das Gründungsdatum derWohngruppe,
- den Mietvertrag einschließlich eines Grundrisses der Wohnung und den Pflegevertrag nach § 120,
- Vorname, Name, Anschrift und Telefonnummer sowie Unterschrift der Person nach Absatz 1 Nummer 3 und
- die vereinbarten Aufgaben der Person nach Absatz 1 Nummer 3.
Für Personen, die am 31. Dezember 2014 einen Anspruch auf einen Wohngruppenzuschlag nach geltenden Fassung haben, wird diese Leistung weiter erbracht, wenn sich an den tatsächlichen Verhältnissen nichts geändert hat (geregelt im neuen § 122 Abs. 3 SGB XI).
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 40 Abs. 4 SGB XI)
Der Zuschuss zu Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes wird von bislang 2.557 EUR auf nun 4.000 EUR erhöht. Leben mehrere Pflegebedürftige in der Wohnung, so ist der Gesamtzuschuss nun auf 16.000 EUR (bislang 10.288 EUR) begrenzt.
Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (§ 40 Abs. 2 SGB XI)
Der montaliche Höchstbetrag für die Erstattung der Kosten bei Einsatz zum Verbrauch bestimmter Hilfsmittel wurde von bislang 31 EUR auf nun 40 EUR erhöht.
Leistungen in Einrichtunge der Behindertenhilfe (§ 43a SGB XI)
Der Höchstbetrag zur Abgeltung der pflegebedingten Aufwendungen steigt von bislang 256 EUR auf künftig 266 EUR.
Übergangsregelung: Verbesserte Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 123 SGB XI)
Versicherte mit eingeschränkter Alltagskompetenz ohne gleichzeitiger Pflegestufe (Pflegestufe 0) erhalten ab dem 01.01.2015 folgende Leistungen:
- Pflegegeld = 123 EUR (zuvor 120 EUR)
- Sachleistungen = 231 EUR (zuvor 225 EUR)
- Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen (§ 38a SGB XI)
- Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI)
- Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen (§ 40 SGB XI)
- Tages- und Nachtpflege (§ 41 SGB XI) bis zu 231 EUR im Monat
- Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI)
- zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen (§ 45b SGB XI) sowie
- Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulanten betreuten Wohngruppen (§ 45e SGB XI)
Pflegeunterstützungsgeld
Die Einführung einer Lohnersatzleistung für Arbeitnehmer, die für pflegebedürftige nahe Angehörige in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege organisieren oder eine pflegerische Versorgung sicherstellen und für bis zu zehn Tage der Arbeit fernbleiben (kurzzeitige Arbeitsverhinderung im Sinne des § 2 Pflegezeitgesetz) erfolgte in einem gesonderte Gesetz.
Beitragssatz, Beitragsbemessungsgrenze (§ 55 SGB XI)
Der Beitragssatz steigt von 2,05 v.H. auf 2,35 v.H.